Studie zur Berücksichtigung der Ökobilanzierung in öffentlichen Vergabeverfahren
Eine Handvoll internationaler Forschungsinstitute und ein Vergaberechtsexperte untersuchten unter der Leitung des Umweltbundesamtes die Rolle, die Ökobilanzen im Zuge der öffentlichen Auftragsvergabe spielen. Die Untersuchung bezog sich auf die Schweiz und auf acht EU-Mitglied¬staaten inkl. Österreich, die alle bei der umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung zu den Vorreitern zählen. Der Studie lagen die Fragen zu Grunde, welche Rolle die Ökobilanzierung in Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber spielt und welche Erfahrungen bei der Nutzung von Ökobilanzen im Vergabeverfahren gemacht wurden.
Die Studie wurde von der Europäischen Kommission finanziert. Diese war insbesondere daran interessiert zu erfahren, ob die in ihrem Auftrag entwickelte Ökobilanz-Methode, der Product Environmental Footprint, bei der öffentlichen Auftragsvergabe bereits Anwendung findet.
Im Zuge der Studie wurden von den ausgewählten Länder schriftliche Unterlagen ausgewertet, sowie Interviews mit öffentlichen Auftraggebenden und Bietenden zu deren Einschätzungen und Erfahrungen mit der Anwendung der Ökobilanzierung bei der Auftragsvergabe durchgeführt.
Die Studie macht deutlich, dass die Ökobilanzierung in öffentlichen Vergabeverfahren derzeit eher selten angewendet wird. Mit einer gezielten Suche konnten aber einzelne öffentliche Auftraggeber identifiziert werden, die im Zuge der Planung der Ausschreibung Ökobilanzen durchführen. Zudem wurden etwa 60 Ausschreibungen identifiziert, in denen die Ökobilanzierung eine Rolle spielt. Teilweise war diese Rolle indirekt, indem z. B. Leistungen mit einer bestimmten Umweltzeichen-Zertifizierung gefordert wurden, deren Richtlinien vorsahen, dass Antragsteller die Umweltwirkungen des Betriebs mittels Ökobilanzen nachweisen mussten. Teilweise spielte die Ökobilanzierung in den Ausschreibungen eine direkte Rolle. In diesen Fällen kamen Tools zur Erarbeitung von Ökobilanzen zum Einsatz, die in der Regel für die öffentliche Auftragsvergabe entwickelt worden waren. Eine Beschreibung der identifizierten Tools ist in der Studie enthalten.
Die Interviews mit Auftraggebenden, die die Ökobilanzierung im Zuge der Vergabeverfahren eingesetzt haben, ergaben, dass diese die Vorteile der Ökobilanzierung insbesondere bei der Planung der Ausschreibung sehe. Hier helfen Ökobilanzen, die ökologischen Hotspots im Lebensweg der auszuschreibenden Leistung zu identifizieren und in der Folge entsprechende Umweltkriterien für die Ausschreibung zu formulieren. Vorteilhaft erschien die Ökobilanzierung auch bei der Vergabe innovativer Lösungen, zu deren Umweltwirkungen sie konkrete und vergleichbare Daten liefert.
Über diese konkreten Fälle hinaus wurden in den Interviews zahlreiche Hürden für die Anwendung der Ökobilanzierung im Vergabeverfahren benannt. So müssen beispielsweise sowohl die Auftraggebende als auch die Bietende entsprechende Ökobilanz-Expertise aufbauen oder einkaufen. Entweder erarbeiten die Auftraggebenden die Ökobilanzen auf Basis von Daten, die von den Bietenden übermittelt werden oder die Auftraggebenden prüfen die Ökobilanzen, die von den Bietenden erstellt wurden. Beide Varianten sind zeit- und kostenintensiv und belasten insbesondere kleine Unternehmen überproportional. Zudem ist fraglich, ob in Hinblick auf die Umweltfreundlichkeit der zugeschlagenen Leistung die Anwendung von Ökobilanzen zu besseren Ergebnissen führt als die Anwendung von Umweltkriterien, wie sie beispielsweise im naBe-Aktionsplan enthalten sind.
Die Studie (in Englisch) sowie neun separate Informationsblätter mit der Kurzfassung der Ergebnisse für die betrachteten Länder, steht hier zum Download bereit.
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