Zusammenfassung
Good Practice-Beispiel: Planung, Herstellung und Montage von Systemeinbauküchen für Dienststellen der Stadt Wien durch Wien Work. Hier erfahren Sie, warum sich die MA 54 für die Vergabe an Wien Work entschieden hat.
Good Practice-Beispiel: Planung, Herstellung und Montage von Systemeinbauküchen für Dienststellen der Stadt Wien
Dieses Beispiel gehört zur Sammlung der Good Practice zur nachhaltigen Beschaffung. In den Beispielen werden Beschaffungsprojekte, die im Kontext des Aktionsplans für nachhaltige Beschaffung stehen, vorgestellt. Bei Fragen zu den Projekten kontaktieren Sie bitte die angegebene Ansprechperson. Sie haben auch ein Good Practice der nachhaltigen Beschaffung? Dann melden Sie sich bitte unter office@nabe.gv.at.
Dieses Good Practice-Beispiel zeigt, wie soziale Nachhaltigkeit in der öffentlichen Vergabe durch die Zusammenarbeit zwischen Wien Work und dem Magistrat 54 der Stadt Wien konkret umgesetzt wurde. In diesem Fall handelt es sich um die Planung, Herstellung und Montage von Systemeinbauküchen für Dienststellen der Stadt Wien. Robert Dobrosek, Geschäftsfeldleiter von Wien Work, erläutert im Folgenden die erfolgreiche Umsetzung des Projekts.
Bitte stellen Sie Ihr Projekt kurz vor:
Nach mehreren Neuausschreibungen sowie Zuschlagserteilungen wurde im Herbst 2023 ein neuer Rahmenvertrag mit einer Laufzeit von zwei Jahren an Wien Work vergeben. Dieser Vertrag umfasst die Geschäftsfelder Holztechnik, Möbeltapezieren und Möbelflechten und wurde vom Zentralen Einkauf und Logistik der Stadt Wien (MA 54) erteilt.
Der Vertrag regelt den einheitlichen Einkauf von Küchen für Magistratsdienststellen, städtische Schulen und Kindergärten der Stadt Wien zu Marktkonditionen. Dabei werden soziale Kriterien berücksichtigt, wie beispielsweise die Beauftragung von Unternehmen, die einen besonderen Beitrag zur Integration von Menschen mit Behinderungen leisten. Ziel ist es, Menschen mit Behinderungen vollwertige Arbeitsplätze anzubieten und somit die selbstbestimmte Teilhabe benachteiligter Menschen am Gesellschaftsleben aktiv zu fördern.
Was war die Ausgangssituation?
Die offene Ausschreibung erfolgte nach § 23 BVergG 2018, die die Teilnahme an der Ausschreibung ausschließlich geschützten Werkstätten, integrativen Betrieben oder sonstigen Unternehmen, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von sonstigen benachteiligten Personen ist, vorbehalten ist. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf 2,2 Mio. € für eine Laufzeit von 2 Jahren (2023 – 2025). Der Projektzuschlag erfolgte aufgrund des Kriteriums „Billigstbieter“ und Erfüllung des §23 BVergG 2018.
Können Sie die Vorgangsweise kurz beschreiben?
Anfragen kommen von der MA 54 oder direkt von den Dienststellen der Stadt Wien. Es werden entweder neue Küchen oder Umbauten bestehender Küchen angefragt.
Nach Eingang einer Anfrage werden Kundinnen und Kunden zu einem ersten Gespräch vor Ort eingeladen . Ein sogenanntes „Naturmaß“ wird genommen und ein Planungs- und Verkaufsgespräch wird geführt. Anschließend wird das Angebot und der Plan gemäß den Vorgaben der Ausschreibungsdokumente erstellt. Die Produktion, Zuschnitt und Vorfertigung der Küchen findet in der betriebseigenen Werkshalle von Wien Work in der Seestadt Aspern statt, wobei Küchengeräte und Zubehör nach Kundenwunsch organisiert werden. Die Montage wird von Wien Work Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der Holztechnik durchgeführt. Zum Teil unterstützen hier Wien Work-Tischler-Lehrlinge aus der Inklusiven Berufsausbildung, um ihnen eine praxisbezogene Ausbildung zu gewährleisten. Pro Jahr werden aktuell rund 300 Küchen für die Stadt Wien produziert.
Was ist der Bezug zum naBe-Aktionsplan?
Dieses Beispiel konzentriert sich auf die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit. Gleichzeitig wird durch die Verwendung von Materialien, die den Kriterien des naBe-Aktionsplans entsprechen, eine Verbindung zu diesem hergestellt.
Denn alle bei Wien Work verwendeten Plattenwerkstoffe weisen die für Innenräume unbedenkliche Emissionsklasse E1 auf. Der Plattenlieferant JAF (Frischeis) bekennt sich zu den Werten des Forest Stewardship Council und distanziert sich von inakzeptablen Forstpraktiken und Verstößen gegen die Grundsätze und Kriterien des FSC®-Zertifizierungsprogramms.
Überdies ist die Wien Work-Holztechnik seit vielen Jahren ÖkoBusiness Wien ausgezeichnet und verwendet für die Produktion anteilig Strom aus der eigenen PV-Anlage vom Dach der Werkshalle (im Jahresschnitt rund 50%). Das soziale Unternehmen ist demnach regionaler Anbieter, produziert nachhaltig und sorgt für einen nachhaltigen Einkauf bei einem Holzplatten-Lieferant aus Niederösterreich.
In Bezug auf soziale Nachhaltigkeit verfolgt Wien Work den im Behinderteneinstellungsgesetz definierten Auftrag der Bereitstellung von Dauerarbeitsplätzen für Menschen mit Behinderungen im Integrativen Betrieb und bietet außerdem über 180 Lehrplätze in 11 Lehrberufen im Rahmen der Inklusiven Berufsausbildung an. Somit fördert Wien Work soziale Nachhaltigkeit auf dem Arbeitsmarkt.
In diesem Projekt werden speziell gehörlose Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützt -15 von 26 Mitarbeitenden in der Tischlerei sind gehörlos. Im Bedarfsfall gibt es in der Tischlerei eine angestellte Kommunikationsassistentin zur Verständigung und Erklärung von diversen Arbeitsschritten. Aktuell sind zwei Vorarbeiter in der Tischlerei professionell in der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) geschult. Darüber hinaus gibt es das Angebot der Betriebssozialarbeit, auch in ÖGS.
Des Weiteren wird die offizielle Kommunikation von der Geschäftsführung (z.B. der monatlich erscheinende E-Mail-Newsletter) für alle gehörlosen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Wien Work von der Kommunikationsassistenz in ÖGS-Videos übersetzt. Außerdem wird der Newsletter auch in einfacher Sprache zur Verfügung gestellt.
Welche Ziele und welcher Mehrwert konnten dadurch erreicht werden?
Zum einen macht der Rahmenvertrag mit 300 Küchen pro Jahr einen signifikanten Anteil des Umsatzes der Abteilung aus. Dies verbessert die Wettbewerbsfähigkeit von Wien Work. Zum anderen hat dieser Auftrag einen sozial nachhaltigen Effekt, denn das Auftragsvolumen bietet 26 Mitarbeitenden, davon 15 Mitarbeitenden mit Behinderungen (sogenannte begünstigte Behinderte), einen sicheren Arbeitsplatz und die selbstbestimmte Teilhabe am Wirtschafts- und Gesellschaftsleben. Es entsteht umfassendes Fachwissen zur Planung, Produktion und Montage von Systemküchen, was zu einer ständigen Verbesserung und Modernisierung der technischen Ausstattung in der Werkshalle führt. Dieses Projekt dient zudem als wertvolle Referenz für die Akquise neuer Projekte und Kundinnen und Kunden, sowohl im Bereich Holztechnik als auch für Wien Work insgesamt.
Trotz dieser positiven Entwicklungen und Erfolge gibt es auch Herausforderungen zu bewältigen, wie Langzeit-Krankenstände, die bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Behinderungen häufiger auftreten als bei ihren Kolleginnen und Kollegen ohne Behinderungen.
Ihr Rat an die öffentliche Verwaltung?
Wien Work empfiehlt öffentliche Aufträge vermehrt über § 23 BVergG zu vergeben. Zudem sollten soziale Kriterien strukturiert und systematisch in einem noch zu bestimmenden Anteil an öffentlichen Aufträgen integriert werden und nicht nur im Einzelfall zur Anwendung kommen. Dadurch wird ein starker Beitrag zur sozialen Inklusion und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt erzielt. Zudem könnten solche Maßnahmen andere sozialpolitische Interventionen, wie die Zahlung von Transferleistungen aus den Systemen der sozialen Sicherheit, ersetzen.
Weitere Hintergrundinformationen
Wien Work-integrative Betriebe und AusbildungsgmbH ist einer von acht Integrativen Betriebe in Österreich und wurde 1981 gegründet. Das Unternehmen ist derzeit in sieben verschiedenen Geschäftsfeldern aktiv, von Tischlerei über Wäscherei und Digitaldruckerei bis Reinigungstechnik, Renovierung, Landschaftsgärtnerei und Gastronomie. Wien Work ist seit vielen Jahren mit dem Gütesiegel für Soziale Unternehmen ausgezeichnet und an zahlreichen Standorten in Wien aktiv.
Ergänzend zum Integrativen Betrieb bietet Wien Work mit dem Sozialökonomischen Betrieb „Michls“ vormals langzeitarbeitslosen Menschen Transitarbeitsplätze zum Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt an.
Wien Work steht je zur Hälfte im Eigentum des KOBV-Der Behindertenverband für Wien, NÖ und Bgld. sowie der Volkshilfe Wien.
Weiterführende Links
Kontaktdaten
Robert Dobrosek Geschäftsfeldleiter Holztechnik, Möbeltapezieren & Möbelflechten bei Wien Work-integrative Betriebe und AusbildungsgmbH
E-Mail: Robert.dobrosek@wienwork.at
Mobil: 0664-817 40 13
Header und Beitragsbild: © Wien Work / Luiza Puiu