Zusammenfassung
Ankündigung Arbeitskreis "Beschaffung" beim Städtetag 2024 in Wiener Neustadt - Link zum Livestream
Städtetag 2024: Arbeitskreis Beschaffung: „Paradigmenwechsel in der strategischen Beschaffung – eine Anleitung für Städte“
Donnerstag, 6. Juni 2024, 9:00 – 11:30 Uhr
Der Österreichische Städtetag ist die jährliche Generalversammlung des Österreichischen Städtebunds, der Interessensvertretung der Städte und größeren Gemeinden in Österreich, die dieses Jahr in Wiener Neustadt stattgefunden hat.
Unter dem Motto: „Stadt fürs Leben – Nachhaltig. Innovativ. Menschlich“ haben Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Europa drei Tage lang kommunalpolitische Fragen diskutiert. Am Vormittag des zweiten Tages (6. Juni) standen fünf Arbeitskreise zu städterelevanten Themen zur Auswahl. Im Arbeitskreis zu strategischer Beschaffung ging es um ein ökologisches Vergabewesen, um die Förderung regionaler Wirtschaft und soziale Aspekte.
Der Arbeitskreis wurde vom Städtebund in Kooperation mit dem naBe-Aktionsplan organisiert. Gerhard Weiner (naBe-Plattform) führte die rund 130 Teilnehmenden (ca. 60 vor Ort und 74 im Livestream) kompetent durchs Programm.
Eröffnung und Begrüßung
Johannes Schmid vom Österreichischen Städtebund eröffnete die Veranstaltung und betonte die zunehmende Komplexität des Vergaberechts auf nationaler und europäischer Ebene. Er hob die Bedeutung der nachhaltigen Beschaffung hervor und verwies auf die Unterstützung für Städte und Gemeinden durch Angebote des Städtebundes und der naBe-Plattform.
Die naBe-Plattform, in Zusammenarbeit mit dem BMK, dient als Servicecenter für öffentliche Auftraggeber. Gerhard Weiner (Leiter naBe-Plattform) wies in seiner Einleitung auf die strategischen Ziele und Herausforderungen der Vergaberichtlinie 2014 hin, insbesondere auf die schwierige Balance zwischen Wettbewerb und Nachhaltigkeit. Es braucht stärkeren politischen Rückhalt und „wer in Lebenszyklen denkt, muss auch andere Budgethorizonte zeichnen“ so Gerhard Weiner.
Keynotes
Michael Klien (WIFO) versuchte in seinem Vortrag Volkwirtschaftliche Bedeutung der öffentlichen Beschaffung mit Fokus Städte, Gemeinden und kommunale Unternehmen die großen Zusammenhänge zu skizzieren. Er erläuterte die volkswirtschaftliche Bedeutung öffentlicher Beschaffung, die 20% des BIP ausmacht und betonte die Notwendigkeit strategischer Beschaffung und deren positive ökonomische Auswirkungen wie die Entstehung neuer Märkte, aber auch die Herausforderung, ökologische Kriterien zu integrieren. Strategische Beschaffung ist ein Balanceakt und es braucht mehr Kompetenz und Ressourcen in der öffentlichen Verwaltung. Die vorhandenen Angebote wie jene vom Städtebund und vom naBe-Aktionsplan, als auch die Kompetenz der BBG, sollten mehr genutzt werden. Der naBe-Aktionsplan ist ein guter Ausgangspunkt, denn er legt auf Produktebene klare Kriterien fest, anhand derer beurteilt werden kann, ob Ziele erreicht wurden und ob man auf dem richtigen Weg ist. Mit einer bundesweiten Vereinheitlichung ist das Potential auch für einen überregionalen Wettbewerb da.
Berthold Hofbauer (Heid & Partner) sprach zum Thema EU-Recht und der Einfluss auf die strategische Beschaffung und betonte die verantwortungsvolle Rolle des Vergaberechts, um das Vertrauen in die Demokratie und die EU zu erhalten. Er verwies auf internationale Verpflichtungen wie die UN-Agenda 2030 und den europäischen Green Deal. Das Maßnahmenpaket des Green Deals sieht ähnlich wie der naBe-Aktionsplan aus. Eine erfolgreiche soziale und nachhaltige Auftragsvergabe verlangt „eine fundierte Kenntnis des Vergaberechts und die Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen sind dabei die entscheidenden Erfolgsfaktoren.“
Laura Wimmer, stellvertretende Leiterin des Frauenservice Wien, betonte in ihrem Vortrag Frauenförderung und Gender-Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in der Stadt Wien, dass die soziale Nachhaltigkeit bei der Auftragsvergabe ein wichtiger Aspekt bei der Herstellung von Chancengleichheit und Gleichstellung am Arbeitsmarkt ist, aber auch für einen betriebswirtschaftlichen Mehrwert sorgen kann. Dazu wurde das Pilotprojekt „Koppelung von Frauenförderung an die öffentliche Auftragsvergabe“ vorgestellt, das bereits auf neun Magistratsabteilungen ausgerollt wurde und ein gutes Beispiel für die Hebelwirkung der öffentlichen Auftragsvergabe bei sozialer Nachhaltigkeit ist.
In seinem Beitrag Die Kreislaufwirtschaftsstrategie und die Implikationen auf die strategische Beschaffung mit Berücksichtigung des kommunalen Bereichs erläuterte Andreas Tschulik (BMK, Leiter der Abteilung Integrierte Produktpolitik, Betrieblicher Umweltschutz und Umwelttechnologie) die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft zur Erreichung der Klimaziele. Öffentliche Beschaffung kann durch ressourcenschonende und energieeffiziente Produkte einen wesentlichen Beitrag leisten.
Nachhaltige Beschaffung bedeutet ressourcenschonende Beschaffung – der naBe-Aktionsplan verfolgt den Ansatz, den gesamten Lebenszykluspreis zu betrachten und setzt zum Teil auch auf staatliche Gütesiegel. Die Kriterien wurden so gestaltet, dass sie in Vergabeverfahren gut anwendbar sind – zu viele Kriterien oder strengere Kriterien würden den Wettbewerb einschränken – hier hat man versucht, eine Balance zu finden.
Daran knüpfte Karin Hiller (BMK, naBe-Gesamtkoordinatorin) mit Der naBe-Aktionsplan, der Fahrplan für die strategische Beschaffung und die naBe-strategischen-Partnerschaften als Angebot für die Städte und Gemeinden nahtlos an und ging detaillierter auf den naBe-Aktionsplan des Klimaschutzministeriums ein. Der Aktionsplan verfolgt ein großes, ambitioniertes Ziel: die Verwaltung klimaneutral zu gestalten. Um das Bewusstsein zu schaffen und zu schärfen und um die nachhaltige Beschaffung in allen Bundesinstitutionen zu verankern ist der naBe-Aktionsplan ein geeignetes Tool. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Harmonisierung der Kriterien und die breite Anwendung – daher wurden die naBe-strategischen Partnerschaften ins Leben gerufen.
Der Aktionsplan „bietet nachhaltige und vergaberechtskonforme Leitkriterien für viele wichtige Beschaffungsgruppen der Städte, von Hoch- und Tiefbau über Energie und Mobilität bis zu Lebensmittel und Veranstaltungen. Dabei ist der Aktionsplan die ideale Ergänzung für ihre Nachhaltigkeits- und Beschaffungsprogramme. Durch das neue Format der naBe-strategischen Partnerschaften können Städte Teil des naBe-Netzwerkes werden und Services der naBe-Plattform intensiv in Anspruch nehmen, darüber hinaus gestalten sie die Weiterentwicklung der naBe-Kriterien mit.“
Beschaffung Neu Denken – Erfahrungsberichte aus den Städten
Für Gabriele Herlitschka (Magistratsleitung Stadt Innsbruck) ist Verwaltung der Inbegriff von langfristiger Planung und daher passt nachhaltige Beschaffung gut dazu. In ihrem Vortrag Erste Schritte – Vorstellung des Prozesses zur Implementierung in der Stadt Innsbruck erklärte sie, dass die Stadt Innsbruck keinen zentralen Einkauf hat und die Umstellung auf ressourcenschonendes Wirtschaften daher ein Prozess ist, in den alle Organisationseinheiten und städtischen Dienststellen miteinbezogen werden müssen – dies geschieht durch Informationsveranstaltungen und Schulungen. Außerdem ist die Kostenüberwachung und das Nachhaltigkeitsmonitoring ein zentraler Punkt: Langfristig sollten sich Investitionen in nachhaltige Beschaffung durch höhere Produktlebenszyklen und durch Folgekosteneinsparungen (Energie- und Wassereffizienz, Langlebigkeit, Abfallreduktion, Wiederverwendung und Recycling, Gesundheitskosten, Transportkosten) lohnen. Die Vorteile der nachhaltigen Beschaffung sind vielfältig und daher gibt es ein klares Commitment seitens der Stadt Innsbruck zur nachhaltigen Beschaffung.
Für Wolfgang Gasselseder (Zentrale Dienste und Einkauf Wiener Neustadt), der gemeinsam mit dem Stadtrat für Umwelt und Beschaffung, Norbert Horvath, Good Practice-Beispiele aus Wiener Neustadt vorstellte, bestimmen „individuelle Situationen den Alltag im Operativen – wenn es auch Ähnlichkeiten in den Dienststellen gibt, es ist jede Stadt anders zu sehen“. Norbert Horvath, räumte ein, dass es oft ein schwieriger Prozess ist, alle Dienststellen mitzunehmen. „Effizient einkaufen bedeutet die Kosten und nicht den Preis zu bewerten“ führte Gasselseder weiter aus. Wiener Neustadt hat keinen zentralen Einkauf und das wäre auch in Zukunft nicht zielführend, da es eine Vielzahl an unterschiedlichen Dienststellen gibt, die unterschiedliche Themen und Anforderungen haben – aber die Vernetzung der Dienststellen ist wichtig. Hier unterstützt die Einkaufsabteilung bei Vergabeverfahren. Dort wo es Rahmenvereinbarungen der BBG gibt, werden diese gerne in Anspruch genommen, um sich eigene Vergabeverfahren zu ersparen. Als zwei Good Practice-Beispiele des Einkaufs wurden Reinigungsmittel und der Industrieteleskoplader als Beispiel für die Nutzung von Synergien und guter Vernetzung genannt. Weitere Good Practice-Beispiele wurden von Norbert Horvath angeführt – Photovoltaikprojekte auf Freiflächenanlagen wie zum Beispiel am AquaNova Parkplatz und Energiegemeinschaften oder auch die Umstellung auf LED bei der öffentlichen Beleuchtung. „Es ist oft ein langer Weg, solche Projekte umzusetzen, aber es lohnt sich“ fand Norbert Horvath noch motivierende Worte am Ende seines Vortrags.
Unterzeichnung naBe-strategische Partnerschaft
Zum Abschluss erfolgte noch ein feierlicher Akt: Im Rahmen des Arbeitskreises unterzeichneten Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger und Christian Holzer vom Klimaschutzministerium ein Abkommen zur nachhaltigen Beschaffung und damit zur naBe-strategischen Partnerschaft. „Wir unterstützen diese Initiative sehr gerne, da sie ein weiterer Schritt für einen wertvollen Erfahrungsaustausch beim Thema nachhaltiger Beschaffung ist“ so Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger, der den Erfahrungsaustausch und den Wissenstransfer weiter ausbauen möchte. Christian Holzer, Leiter der Sektion Kreislaufwirtschaft, zeigte sich über die Unterzeichnung auch erfreut und findet die Leitkriterien des Aktionsplans nachhaltige Beschaffung wichtig, da diese die Nachhaltigkeit, aber auch die Vergaberechtskonformität unterstreichen.„Der Städtebund ist ein hervorragender Multiplikator auch über die größeren Städte hinaus“ so Christian Holzer, der sich abschließend für die Einladung zum Städtetag bedankte und sich auch über die diesjährige Ausrichtung des Städtetags freute, bei der Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft im Vordergrund standen.
Mehr Informationen über den Österreichischen Städtebund und über das Programm des Städtetages in Wiener Neustadt finden Sie unter www.staedtebund.gv.at und www.staedtetag.at
Hier der Link zum Nachbericht vom Städtetag, sowie zu Fotogalerie.
Folien der Sprecherinnen und Sprecher des Arbeitskreises: „Paradigmenwechsel in der strategischen Beschaffung – eine Anleitung für Städte“:
Michael Klien (WIFO): Volkwirtschaftliche Bedeutung der öffentlichen Beschaffung
Berthold Hofbauer (Partner bei Heid & Partner Rechtsanwälte): EU –Recht und der Einfluss auf die strategische Beschaffung
Thomas Kattnig (Mitglied Bundespräsidium ÖGB, younion _ Die Daseinsgewerkschaft): Nachhaltige öffentliche Investitionen – Notwendigkeiten und Herausforderungen
Laura Wimmer (Stadt Wien): Frauenförderung und Gender-Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in der Stadt Wien
Andreas Tschulik (BMK – Integrierte Produktpolitik, Betrieblicher Umweltschutz und Umwelttechnologie): Kreislaufwirtschaft und Beschaffung
Karin Hiller (BMK – naBe-Gesamtkoordinatorin): Der Österreichische Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe-Aktionsplan)
Gabriele Herlitschka (Magistratsdirektorin Innsbruck): Paradigmenwechsel in der strategischen Beschaffung im Stadtmagistrat Innsbruck
Wolfgang Gasselseder (Gruppenleiter Zentrale Dienste und Einkauf Wiener Neustadt) und Norbert Horvath (Stadtrat für Umwelt und Beschaffung Wiener Neustadt): Ein Beitrag zum Ganzen – Magistrat Wiener Neustadt Beschaffung
Header und Beitragsbilder: © Österreichischer Städtebund / Markus Wache